Es war kurz nach der Jahrtausendwende, da hörte ich das erste Mal von so etwas wie Blogs. Menschen schreiben Tagebuch im Netz, veröffentlichen ihre Erlebnisse – wie cool ist das denn?! Ein modernes Logbuch. Und sofort sehe ich die Seefahrer vergangener Zeiten vor mir, die, nichts als das Blau des Wassers und des Himmels um sich akribisch ihr Logbuch mit Fakten und Hoffnungen füllten. Sie schrieben alles auf: die Seemeilen, die sie zurücklegten, die Koordinaten, die Flauten und die Krankheiten an Bord. Alles. Mir gefiel es, dieses Bild auf unsere Zeit zu übertragen – und es gefällt mir noch immer.
So sitze ich in meiner Kajüte und schreibe auf, wie mich die Gezeiten durchs Leben treiben. Auch meine Koordinaten ändern sich. Sie werden sichtbar, wenn ich sie notiere, wenn ich genauso akribisch meine Tage dokumentiere. So werden meine Meilen zählbar. Tag für Tag.
Mein Logbuch führen
Und dann kommt so ein Monat wie der vergangene September, an dem ich nicht eine Zeile in mein ‚Logbuch‘ geschrieben habe. Jetzt, in dem Augenblick, wo ich an meinem Rechner sitze, ist es bereist dunkel. Die Tage werden merklich kürzer, das erste Laub färbt sich bereits und die Nächte werden langsam kälter. Heute Abend kam der Impuls – und die Müdigkeit übermannte mich nicht, wie sooft in den letzten Wochen – einen neuen Blogartikel anzufangen. Also gut. Ich habe mir vorgenommen, am Ende jedes Monats zurückzuschauen.
Mein Monatsrückblick wird dieses Mal der einzige Artikel in einem Monat sein, obwohl ich entschlossen war, dass es jede Woche einen gäbe. Es grämt mich. Ich muss dafür dieses alte, überlebte Wort herausholen. Denn es hat so viel Tiefe. Sich grämen – das ist etwas anderes, als sich schlicht zu ärgern. Im Wörterbuch finde ich als eine der vielen ursprünglichen Bedeutungen: tiefe Betrübnis. Und das trifft es. Ich wollte jede Woche schreiben. Doch ich tat es nicht. Weil ich viel im Auftrag anderer geschrieben habe und weil nichts an Zeit und vor allem an Inspiration für mich übrig blieb. Das grämt mich. Da will ich etwas ändern.
Und so verhilft mir mein Logbuch zumindest zu dieser Erkenntnis. Manchmal hilft es mir auch, wenn ich mir in mein Bewusstsein rufe: Du bist nicht die Einzige, die auf ihrer kreativen Reise hadert. Gefühlt sind es fünf Schritte nach vor und vier zurück, die zu persönlichem Wachstum führen. Schwer, es auszuhalten. Denn was mich in einem Moment zu Höhenflügen anregt, sorgt im nächsten dafür, mich aufs Beste selbst zu zermartern. Wie war das mit Wandel und Beständigkeit? I know.
Bloggen als Selbstreflexion
Jedoch bleibt mir die Frage unbeantwortete. Wie findet man mit frei fliegenden Ideen im Orbit bodenständige Pläne? Und so war ich in diesem Monat mal wieder auf der Suche nach dem Masterplan. Ob ich nun einen Schritt vor oder zurück gegangen bin? Ich weiß es noch nicht.
Monatsrückblick schlicht notiert
– Ich bin in diesem Monat ein Jahr älter geworden. Ne, das geht nicht. Ich hatte Geburtstag und bin jetzt auf dem Papier ein Jahr älter.
Erinnerung: Eine kleine Feier in meinem Garten. Über dem Feuer köchelte eine Kürbissuppe. Dazu gab es selbst gebackenes Brot, Hummus, italienischen Wein und Gespräche mit lieben Freunden.
– Dank des neuen Podcasts ‚Zwischen Buch und Deckel‘, moderiert von der wunderbaren Sarah aka Pinkfisch, entdeckte den Schriftsteller Till Raether für mich (Empfehlung 🙂 ).
– Mein im Juni geordertes Fahrrad wurde geliefert. Ich bin verliebt. Nein, kein E-Bike. Dazu fühle ich mich, trotz das ich ein Jahr älter bin, doch zu jung. Jetzt überlege ich, ob ich der Eitelkeit der Frauen folge, die ihr Alter lieber verschweigen, um viel Raum für Spekulation nach oben und unten zu lassen. Und während ich das schreibe, habe ich mir die Antwort selbst gegeben. Ich bin nun 48 Jahre alt. Wie ich mich fühle? Gereift durchs Leben, dabei ist die 20-Jährige in mir nie erwachsen geworden. Das merke ich spätestens, wenn ich vor Freude juchzend mit meinem neuen Bike unterwegs bin.
– Viele Gedanken umkreisen ein Thema in diesem Monat: Wohin soll meine kreative Reise gehen. Ich bin Online-Marketing-Managerin, Texterin, Journalistin, fotografiere leidenschaftlich gern, gebe Workshop und liebe es, Instagram-Accounts zu betreuen. Zu viel für eine Selbstständigkeit? Ich finde nicht. Ich will es aber noch eine konsumierbare Form bringen. Da alles irgendwie miteinander verwoben ist, versuche ich, es zu entflechten und ihm Struktur zu geben. So wie bei einem Foto die Bildkomposition darüber entscheidet, ob es einen Eindruck hinterlässt. Ein Strohballen allein macht noch lange kein gutes Motiv. Ich treffe Endscheidungen wie diese: Was lasse ich aufs Foto? Was nicht? Und wie ordne ich es an? Dafür wechsle ich wortwörtlich meine Position, ändere die Perspektive, nutzte mein Wissen und glaube auf meine Intuition.
Instagram als Motivation
Auf Instagram hatte ich vor ein paar Tagen über diesen verhuschten Monat einen kleinen Post geschrieben. Ich war erstaunt, wie viele Rückmeldungen von Followerinnen kamen, denen es ähnlich geht. Die eigene Anforderung zu hoch stecken, alles geht viel zu schnell und man selbst ist zu langsam und immer ist es weniger, was man schafft, als die schön am Frühstückstisch geschmiedeten Pläne. Man schmiedet Pläne – allein dieses Bild! Wo bleibt da der Spielraum? Wer schafft es, geschmiedetes Eisen zu biegen? Also keine Pläne mehr schmieden, sondern mit Ideen spielen.
Fazit für den Monat September
Ich habe mich Abend für Abend an den Apfelbäumen entlang der Chaussee erfreut. Ein paar gepflückt und auf dem Weg nach Hause gegessen. Der September als ein Monat, indem die Früchte reifen und die Sonne noch wärmt, ist einer meiner Lieblingsmonate. Dass ich nicht alles geschafft habe, was mich umtrieb, ist nun okay. Im Oktober möchte ich zwei Blogartikel schreiben.
Ich wünsche euch eine entspannte Zeit,
liebe Grüße eure Anja
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